Am Sonntag vor einer Woche
sollte ein "historischer Zug der UEF" auf der Lokalbahn Amstetten–Gerstetten fahren. Ziemlich spontan entschied ich mich am Abend vorher, dieser Strecke mal (wieder) einen Besuch abzustatten. Zum besseren Verständnis der folgenden Beschreibungen empfehle ich Ortsunkundigen einen Blick auf die
OpenRailwayMap.
Der erste "historische Zug" sollte um 9:30 Uhr in Amstetten abfahren. Der MEX 16, der um 7:39 Uhr in Stuttgart Hbf abfährt, kommt um 8:58 Uhr in Amstetten an. In der halben Stunde hätte ich dem Zug vorausfahren und mir eine schöne Fotostelle suchen können. Hätte, wenn ich denn rechtzeitig am Stuttgarter Hauptbahnhof gewesen wäre. War ich aber nicht. Viel hat nicht gefehlt (ich habe den Zug noch wegfahren sehen), aber knapp verpasst ist auch zu spät
Die nächste Verbindung nach Amstetten wäre erst um 9:46 Uhr dort angekommen, also definitiv zu spät.
Aber mit einem Blick auf die Abfahrtstafel (und etwas Recherche) fand ich doch noch eine Lösung: Den Halbstundentakt des MEX 16. Der wurde mir bei der Verbindungssuche nicht angezeigt, weil er schon in Geislingen an der Steige endet, also eine Station vor Amstetten. Leider liegt zwischen den beiden Stationen ein Albaufstieg (die Geislinger Steige).
In den 20 Minuten zwischen Ankunft in Geislingen und Abfahrt in Amstetten war die Strecke mit dem Fahrrad nicht zu schaffen. Aber beim Blick auf die Karte sah ich eine Abkürzungsmöglichkeit: Wenn ich nicht nach Amstetten, sondern über die Eybacher Steige (die L 1164) direkt nach Waldhausen fahre, sollte ich laut Routenplaner ziemlich genau zur
dortigen Abfahrtszeit des Zuges eintreffen, um 9:54 Uhr.
Tatsächlich kam ich sogar ein paar Minuten früher an. Da von einem Zug noch nichts zu sehen oder hören war, fuhr ich ihm noch einen Bahnübergang entgegen, baute mein kleines Stativ fürs Handy zum Filmen auf, und wartete. Und wartete. Und wartete. Mir kamen schon Zweifel, aber verpasst haben konnte ich den Zug eigentlich nicht. Und auch ein Anwohner bestätigte mir, dass der Zug noch nicht durch war.
Die Erlösung kam dann gute zehn Minuten später in Form eines fernen Pfeifens. Und mit einer Viertelstunde Verspätung tauchten dann auch drei Lichter auf der Kuppe auf. Die gehörten aber nicht zum
erwarteten kleinen Fuchs-Triebwagen, sondern zu etwas deutlich größerem: Einer V100 mit fünf Waggons. War mir aber auch Recht
Hier rollt der Zug langsam nach Waldhausen herab:
Bild 1
Ich hatte eigentlich geplant, den Zug beim Halt in Waldhausen zu überholen, und danach noch ein Foto zu machen. Das scheiterte aber an der Kürze des Halts - im doppelten Sinne: Erstens hielt der Zug so kurz, dass mir nicht genug Zeit blieb, einen nennenswerten Vorsprung zu erradeln. Und zweitens war der Bahnsteig so kurz, dass die letzten Wagen des Zuges noch den Bahnsteig blockierten. So konnte ich überhaupt keinen Vorsprung gewinnen, sondern erst weiterfahren, als auch der Zug weiterfuhr. In der Folge sah ich den Zug zwar noch teilweise neben mir fahren, nach einer falschen Abzweigung sah ich ihn aber nur noch von hinten.
Was nun? Egal, zurück zum richtigen Radweg, und dem Zug hinterherfahren zum Endbahnhof, vielleicht kann ich da ja noch ein paar Fotos machen.
Der Radweg verläuft meistens nicht direkt neben der Bahnstrecke, aber durch das Pfeifen der Lok an den vielen unbeschrankten Bahnübergängen merkte ich, dass der Zug zumindest noch in der Nähe war.
Und plötzlich kam das Pfeifen von hinten. Anscheinend hatte der Zug in Gussenstadt etwas länger gestanden, und dabei hatte ich ihn unbemerkt überholt. Praktischerweise querte kurz darauf der Radweg die Bahnstrecke. Überqueren konnte ich ihn nicht mehr (dazu war der Zug schon zu nah), aber für ein Foto hat's noch gereicht:
Bild 2
Nachdem der Zug vorbei war, nahm ich wieder die Verfolgung auf. Bis zum Ortseingang von Gerstetten fuhr mir der Zug quasi direkt vor der Nase her, aber zum Überholen hat's nicht nochmal gereicht.
Im Bahnhof Gerstetten konnte ich dann noch beim Umsetzen der Lok zuschauen. Damit der Bericht endlich mal fertig wird, zeige ich davon aber keine Bilder.
Die Abfahrt wartete ich nicht ab, sondern fuhr dem Zug voraus. Diesmal folgte ich nicht der U-förmig gebogenen Bahnstrecke, sondern fuhr mitten durchs Nirgendwo auf geradem Wege nach Schalkstetten.
Dort musste ich dann auch nicht lange warten, bis 212 089 mit ihren fünf Wagen des Weges kam:
Bild 3
An den folgenden beiden Bahnhöfen (Schalkstetten und Stubersheim) konnte ich den Zug jeweils wieder überholen, wurde aber beidesmal durch einen Bahnübergang hinterm Bahnhof ausgebremst, der schon eingeschaltet war, obwohl der Zug noch im Bahnhof stand.
Angesichts von Sommerhitze und Hunger ließ ich es bei der mittleren der drei Fahrten ruhiger angehen und blieb in der Nähe von Amstetten. Für die Rückfahrt radelte ich nochmal nach Stubersheim, dort fiel das (Sonnen-)Foto aber leider einer großen Wolke zum Opfer.
Das nächste hier gezeigte Bild stammt daher schon (fast) von der dritten Fahrt. In Amstetten hat die Lok gerade umgesetzt und zieht nun zum Bahnsteig vor, wo die Fahrgäste einsteigen können:
Bild 4
Die Gleise links gehören zur Filstalbahn, in Bildmitte beginnt das Gefälle der Geislinger Steige.
Das nächste Bild zeigt schon wieder die Rückfahrt. Dazu war ich dem Zug nochmal nach Waldhausen entgegengeradelt. Der Zug befindet sich ziemlich genau an der gleichen Stelle wie auf Bild 1, nur ich stehe jetzt auf der gegenüberliegenden Seite:
Bild 5
Die Strecke ist im Bildbereich schnurgerade, der sichtbare Knick ist "nur" ein Neigungswechsel. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der hintere Teil eben ist oder ob es da schon wieder bergauf geht. Wie auch immer, die Steigung sieht stärker aus als sie ist; mit dem Fahrrad ließ es sich in beide Richtung recht entspannt radeln.
Laut Fahrplan war das die letzte Fahrt gewesen. Ich meinte mich aber zu erinnern, dass der Abstellplatz das Zuges (oder zumindest der Wagen) am anderen Streckenende in der Nähe von Gerstetten ist.
Auf gut Glück wartete ich am Rande eines Waldstücks noch ein bisschen. Und tatsächlich, nach einiger Zeit hörte ich es wieder pfeifen, und der (nun leere) Zug zog im Streiflicht auf dem hier hohen Damm vorbei:
Bild 6
Zum Abschluss des Fototages fuhr ich die Geislinger Steige wieder runter. Auf halber Höhe stellte ich mich nochmal an die Strecke, um 218 105 mit dem FEX nach Stuttgart abzupassen:
Bild 7
Bild 8
Als 20 Minuten später ein RheinCargo-Vectron mit Kesselwagen die Steige herabkam, lag das Hauptmotiv (siehe obiges Bild 8) schon im Schatten, nur beim Frontalschuss gab es noch Sonne:
Bild 9
Mit einem in Geislingen startenden MEX 16 fuhr ich dann wieder zurück nach Stuttgart. Um halb zehn war ich zu Hause; auf dem Tacho standen dann 110 Kilometer Fahrstrecke bei 1300 Höhenmetern.
Viele Grüße
Benny